Frank Kunert - Lifestyle

Vor einigen Tagen hat es mich mal wieder in einen Buchladen verschlagen. Wollte nur schnell ein bestelltes Buch abholen. Auf dem Weg zum „Abholer“ blieb mein Blick an einem kleinen Fotoband hängen.  Abgebildet war eine Autobahnbrücke eigentlich nichts Besonderes, wenn meine kleinen grauen Zellen nicht gleich reagiert hätten, warum waren da Fenster drin. Halt, da passt was nicht. Und ich musste den Dingen auf den Grund gehen und nahm das Bändchen in die Hand. 

 

Beim Durchblättern verstärkte sich der Eindruck immer wieder. Da passt was nicht. Nach dem 2 bzw. 3 Blick auf die ersten Fotos wurden die Dinge etwas klarer. Frank Kunert zeigt mit jedem Foto seine eigene "kleine Welt".  Diese wirkt auf den 1. Blick meist sehr real. Z.B. betrachtet man einen kleinen „Konzertsaal“. Der wirkt etwas leer wenn man über die ersten 2-3 Bänke den Konzertflügel betrachtet.  Die verwelkte Pflanze rechts vom Flügel erscheint einem etwas merkwürdig. Aber das wirklich merkwürdige ist dann der Flügel, denn der dient als Schreibtisch mit all den Ordnern und Papieren. 


 

Nach wenigen Seiten hat man das „Prinzip“ Frank Kunert verstanden. Dennoch schafft es der Fotograf einem immer wieder auf’s Neue mit seinen Ideen zu überraschen. Game Over zeigt ein kleines Büro. Nichts modernes, ein altmodischer Schreibtisch, ein Holzregal und noch ein Pflanze. Der Clou das ganze befindet sich in einem Fußballtor. Alltägliche Szenen werden bei Kunert in’s Absurde geführt oder wirken surreal. 


Kunert macht von jeder seiner „kleinen Welten“ immer nur ein Foto. Er tastet sich über eine längere Zeit an das eigentliche Foto heran. Nach dem die ersten Skizzen erstellt sind, fängt die eigentliche Arbeit an. Die ganze Szenerie wird in Modellbauweise hergestellt. Diese Modelle wirken sehr real, ermöglichen aber Kunert seine Illusionen aufzubauen.  Der Fotograf ist fasziniert, wie man durch die Wahl des Ausschnitts, der Beleuchtung eine Illusion aufbauen kann und der Maßstab der Miniaturkulissen für eine kurze Zeit beim Betrachter aufgehoben werden kann.  Menschen sucht man in den Fotografien vergeblich, da deren Spuren in den „Miniaturen“ mehr Raum für Phantasien bieten. 


 

Aber nicht nur liebevoll gestaltete Innenräume werden von Kunert erschaffen, sondern auch Straßenszenen entstehen durch seine Hände. In Street-Art wird aus einer Straße der Zebrastreifen raus gerissen und als Kunstwerk im Raum präsentiert. Die „farblose“ Umgebung, das Straßenschild, das herabgefallene Laub all das erzeugt die Illusion, dass das Foto in einer trostlosen etwas herunter gekommen Siedlung einer Stadt aufgenommen worden wäre. 

 


Es gibt noch viele weitere Illusionen von Kunert zu entdecken, die teilweise bereits in 2 früheren Büchern erschienen sind. Für mich ist das ein Buch, dass sich nicht nur für Fotografie begeisterte, sondern auch für Leute mit Sinn für Humor oder die sich gerne in groteske "kleine Welten" der Phantasie entführen lassen wollen, als Geschenk eignet.